Kritik |
Berliner Morgenpost |
Auf einen Teufel mit Hörnern und Schweif trifft man im "Theater Zerbrochene Fenster" bei der Aufführung von "Die Geschichte vom Soldaten" (L'histoire du Soldat) nicht. Auch an Beelzebub ist die Zeit nicht spurlos vorübergegangen. Daniel Fischer, Regisseur und Darsteller in einer Person, spielt ihn, wenn auch noch ganz traditionell in schwarzer Kluft, eher als charmanten, gutaussehenden Yuppie-Typ. Den Soldaten, der mit der Geige seine Seele an den Teufel verkauft, mimt Markus Heinicke. Er leidet an einer für seinen Berufsstand nicht ganz untypischen "Krankheit" - das Denken fällt ihm schwer. So ist er in seiner Naivität und Dumpfheit dem gewitzten Teufel ein leichtes Opfer. Eine Art "Jahrmarktsbarde" (Paul Bekker) oder Moritaten-Erzähler ist der Vorleser in diesem "Klassiker" der Moderne von Igor Strawinsky und Charles Ferdinand Ramuz. Eine ausgesprochen vielseitige Rolle, die Dafne-Maria Fiedler selbstbewußt und fesselnd meistert. Eine Gelungene Idee der Aufführung ist es, das Geschehen auf der Bühne durch zwei pantomimische Rollen zu ergänzen. Faycal Mihoubi spielt den "Schatten des Soldaten" und Eva-Maria Meyer-Keller den des Teufels. Letztere schlüpft auch in die Rolle der Prinzessin.
Der Instrumentalpart liegt in den Händen von Musikern der "Sinfonietta 44", die unter der Leitung von André de Ridder musizieren. Strawinskys Musik ist anspruchsvoll, verlangt solistisches Können. Die Amateure zeigten sich den Ansprüchen recht gut gewachsen. Die "Geschichte vom Soldaten - erzählt, gespielt, getanzt", so die vollständige Uberschrift des Werkes. Die Musik Strawinskys kann zwar bekanntlich auch als Konzertsuite vorgetragen werden. Besser zur Geltung kommt sie allerdings, wie die Premiere im Theater Zerbrochene Fenster wieder zeigen konnte, wenn die anderen Elemente hinzutreten. Die sehens- und hörenswerte Realisierung des Werkes wird heute und morgen jeweils um 20 Uhr wiederholt.
Ronald Schäfer
(c) Sinfonietta 92 e.V. / Änderungen und Tippfehler vorbehalten.
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