Pjotr Iljitsch Tschaikowsky

7.5.1840 - 6.11.1893

Am 7. Mai 1840 in Kamsko-Wotkinsk (im Gouvernement Wjatka) geboren, am 6. November 1893 (in USA) gestorben Wenn ein Komponist so subjektive, emotionsgeladene Musik schreibt wie Pjotr (Peter) Iljitsch Tschaikowsky, ist er Versuch gewiß legitim, diese in Beziehung zu seiner Biographie zu setzen. Auch erscheint es plausibel,. aß die sich aus seiner Homosexualität ergebenden seelischen Konflikte wichtige Stimuli für sein Schaf- n waren (und wohl auch für einige andere große Komponisten, deren Homosexualität aber nie enthüllt wurde). Doch brachte das voyeuristische Interesse an Tschaikowskys Privat- bzw. Geschlechtsleben ein sehr einseitiges, kolportagehaft verfälschtes Bild hervor, das manchen Wissenschaftler von ernsthaften Beschäftigung mit seiner Musik abgehalten haben dürfte. Noch weniger Ansehen genießt Tschaikowsky als Musikästhetiker bzw. Theoretiker. Mit anderen Worten: Man spricht ihm den Status des Intellektuellen ab - völlig zu Unrecht.

Tschaikowsky wurde am 7. Mai 1840 in Kamsko-Wotkinsk im Gouvernement Wjatka geboren, wo' sein Vater einem Bergwerk vorstand. 1850 kam er zur Ausbildung, nach St. Petersburg. Er studierte von 1852 bis 1859 Rechtswesen und arbeitete danach bis 1863 im Jusizministerium. In seiner Freizeit widmete er sich der Musik und nahm bei zahlreichen Lehrern unsystematisch Unterricht in verschiedenen Fächern. Doch schrieb er sich dann 1863 als ordentlicher Student an dem von Anton Rubinstein (1829-1894) gegründeten Konservatorium ein. Zweieinhalb Jahre später schrieb er als Abschlußarbeit eine Kantate über Schillers Ode "An die Freude." Nikolai Rubinstein (1835-1881), Antons Bruder, berief Tschaikowsky 1866 als Professor an das neugegründete Moskauer Konservatorium. Häufig ist über den angeblichen Gegensatz des akademisch ausgebildeten Tschaikowsky zu den Dilettanten des "Mächtigen Häufleins" zu lesen.

Tschaikowsky lernte 1867 Balakirew und ein Jahr später dessen Schüler kennen. Bis zum vorübergehenden Rückzug Balakirews aus dem Musikleben (1872) stand Tschaikowsky der Gruppe relativ nahe, was auch in seiner Musik zum Ausdruck kommt. Der Kontakt zu Balakirew wurde nach 1880 erneuert; jener, zu Rimski-Korsakow riß niemals ab. Nur Mussorgski und der Kritiker Stasow standen Tschaikowsky offen feindlich gegenüber. Die Tatsache, daß Tschaikowsky lange Jahre der einzige Absolvent eines russischen Konservatoriums blieb, der sich als Komponist einen Namen machte, bestätigt im übrigen Balakirews Vorbehalte gegen die dortige Ausbildung in eindrucksvoller Weise.

Als Korrespondent einer Moskauer Zeitung wohnte Tschaikowsky 1876 der Bayreuther UA von Wagners Ring bei, der ihn gewiß beeindruckte, aber keineswegs begeisterte. Als er 1877 in der heldenhaften, aber unrealistischen Absicht, seine Homosexualität zu überwinden, eine junge Verehrerin heiratete, war dies fast sein Untergang. Tschaikowsky Roh, dem Wahnsinn nahe, nach drei Monaten vor seiner Frau und sah sie nie wieder. Unterdessen nahm seine Musik in der 4. Symphonie erstmals jene exhibitionistischen Züge an, an denen sich die Geister bis heute scheiden. Ebenfalls 1877 begann seine Brieffreundschaft mit der reichen Witwe Nadeschda Filaretowna von Meck. Sie hielt ihr Idol großzügig frei, so daß Tschaikowsky 1878 den Lehrauftrag am Konservatorium seinem Schüler Tanejew übergeben konnte. Trotz einer bis etwa 1885 anhaltenden schöpferischen Krise erlangte er weltweite Anerkennung. Auf Konzertreisen als Dirigent lernte Tschaikowsky Brahms, Dvorák und Grieg kennen; 1891 verschlug es ihn bis in die USA. Neun Tage nach der UA der 6. Symphonie starb Tschaikowsky unerwartet am 6. November 1893 - angeblich a .Cholera.

Diese offizielle Version wurde von Anfang an in Zweifel gezogen, da die für diesen Fall vorgeschriebenen Hygienevorschriften völlig mißachtet wurden. Die 1979 von der Exilrussin Orlowa publizierte recht abenteuerliche Darstellung, Tschaikowsky sei von einem Ehrengericht« zum Selbstmord getrieben worden, um einer bevorstehenden Bloßstellung als Homosexueller zu entgehen, mag in sich schlüssig sein, beruht aber ausschließlich auf mündlicher Überlieferung. So große Verdienste sich Tschaikowsky um Oper und Ballett erworben haben mag, so, steht doch die Orchestermusik im Zentrum seines Schaffens. Neben unprogrammatischen (bzw. später subjektiv-programmatischen) Symphonien schrieb Tschaikowsky sein ganzes Leben lang auch Programmusik im Sinne Liszts, obwohl er die Bezeichnung "Symphonische Dichtung" mied. Er behandelte das Orchester, vor allem den Holzbläserchor, in unnachahmlicher Weise. Russisches Volksliedgut wird namentlich in den frühen Werken reichlich verwandt, doch hat Tschaikowsky die Begeisterung des "Mächtigen Häufleins" für Orientalismen nicht geteilt. In der an der westeuropäischen Tradition orientierten Formbehandlung sind die Spuren der soliden Konservatoriumsausbildung erkennbar.


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