Dmitri Schostakowitsch

geboren am 12. September 1906 in St. Petersburg, gestorben am 9. August 1975


Mittlerweile kann der im Jahre 1906 geborene Dmitri Schostakowitsch neben Igor Strawinsky und Sergej Prokofjew als der wohl bedeutendste Komponist Russlands im 20. Jahrhundert angesehen werden. Von Alexander Glasunow in den ersten Petrograder Ausbildungsjahren gefördert, erhielt er eine fundierte Ausbildung unter anderem bei Leonid Nikolajew. Trotz verheißungsvollen Absichten, den Schwerpunkt seines Wirkens auf das Klavier zu setzen, legte er den Hauptakzent auf das Komponieren. Nicht zuletzt die Uraufführung seiner 1. Sinfonie im Jahre 1926 mochte ihn darin bestärkt haben. Schostakowitschs Verhältnis zur politischen Entwicklung in der sozialistischen und stalinistischen Sowjetunion war nach außen ambivalent.

Sein Einsatz gleichermaßen wie sein Auflehnen gegen das System zeichneten sein Leben und seine Persönlichkeit in außergewöhnlichem Maße. Prägend war sicher das Verbot seines Musikdramas "Lady Macbeth von Mzensk" in den dreißiger Jahren. 1936 erschien der berühmt gewordene Artikel in der "Prawda", in dem man Schostakowitsch linksabweichlerische, kleinbürgerlich- dekadente Positionen vorwarf. Sonderbarerweise, aller Enttäuschung und Repression zum Trotz, ließ sich der Komponist nicht brechen und trat bereits ein Jahr danach mit der Uraufführung der 5. Sinfonie hervor, die zu einem triumphalen Erfolg wurde. Nach der deutschen Invasion 1941 arbeitete Schostakowitsch an seiner 7. Sinfonie, die seinen Namen nun in aller Welt bekannt machen sollte. Im Kampf gegen den "Formalismus" sah sich der Komponist, obgleich mehrfach mit Stalin-Preisen ausgezeichnet, vor allem nach 1948 heftig attackiert. Schostakowitsch verzichtete auf seine Lehrtätigkeit, die er, inzwischen nach Moskau übergesiedelt, auch hier ausgeübt hatte. Er profilierte sich mit Werken, die dem Soz-Realismus "scheinbar" unterzuordnen waren und hielt problematischere Werke zurück (das 1. Violinkonzert und den Liederzyklus "Aus jiddischer Volkspoesie").

Nach Stalins Tod im Jahr 1953 entspannte sich die Situation für Schostakowitsch. Er blieb allerdings verschlossen und in seinem Verhalten schwer einzuschätzen. Der Sowjetunion gegenüber verhielt er sich loyal und war lange Zeit als Sekretär des Komponistenverbandes der UdSSR aktiv. Nach und nach wurde sein früheres Ouvre rehabilitiert. Es kam zu Wiederaufführungen der Oper "Die Nase" sowie der 2. bis 4. Sinfonie. Für die Veröffentlichung der Ursprungsfassung der "Lady Macbeth von Mzensk", die in der "entschärften" Version mit dem Titel "Katerina Ismailowa" bekannt geworden war, setzte sich der Musikverlag Hans Sikorski ein. Schostakowitsch hielt sich mehrfach in Deutschland auf, unter anderem in West-Berlin aus Anlass der deutschen Erstaufführung seiner 15. Sinfonie. Er starb am 9. August 1975 in Moskau.

Biographische Daten

1906 am 12. September alter Zeitrechnung in St. Petersburg geboren

1915-1917 erste Kompositionsversuche
1919 Vorstellung bei Alexander Glasunow, Theorie und Gehörbildung bei A. Petrow, Eintritt ins Konservatorium
1920 Vortrag eigener Kompositionen in privaten Zirkeln, Klavierstudien bei Leonid Nikolajew
1922 Tod des Vaters, wirtschaftliche Notlage
1923 Vorbereitung auf Klavierexamen, ab Herbst Stummfilmpianist neben dem Kompositionstudium
1924 Gesuch um Aufnahme ins Moskauer Konservatorium
1926 Lehrauftrag für Partiturspiel am Leningrader Musikalischen Technikum
1927 Teilnahme am Warschauer Chopin-Wettbewerb, Beginn der Freundschaft mit Iwan Sollertinski, Begegnung mit Alban Berg
1928 Arbeit als Musikdramaturg und Pianist am Meyerhold-Theater in Moskau
1930-33 musikalische Mitarbeit am Leningrader Theater der Arbeiterjugend (TRAM)
1932 Gleichschaltung der Musikorganisation im Sowjetischen Komponistenverband, Schostakowitsch wird in den Vorstand der Leningrader Abteilung gewählt, Heirat mit Nina Wassiljewna Warsar
1933 in Leningrad zum Stadtbezirksverordneten gewählt
1936 am 28. Januar erscheint in der Prawda der Artikel "Chaos statt Musik", Geburt der Tochter Galina
1937 in den "Säuberungen" dieser Jahre kommen unzählige Intellektuelle um, darunter viele Freunde des Komponisten, Berufung als außerordentlicher Professor für Komposition ans Leningrader Konservatorium
1938 Geburt des Sohnes Maxim
1939 Ernennung zum Ordentlichen Professor
1941 am 16. März erhält Schostakowitsch den Stalinpreis
1943 auf dem Plenum des Komponistenverbandes kritisiert Prokofjew die 8. Sinfonie als weitschweifig, Schostakowitsch wird Ehrenmitglied des Amerikanischen Instituts für Kunst und Literatur
1945 erlebt die Siegesfeiern auf dem Roten Platz in Moskau, behält Wohnsitz in Moskau
1947 erneut zum Professor des Leningrader Konservatoriums berufen, zum Vorsitzenden der Leningrader Komponistenorganisation berufen
1948 Beschluss der ZK der KPdSU, der den "Formalismus" bei den sowjetischen Komponisten verurteilt, erneuert die Angriffe und greift neben Muradeli, Mjaskowski, Schebalin, Prokofjew und Chatschaturjan vor allem Schostakowitsch an. Schostakowitsch büßt seine Lehrämter ein, auch die Professur am Leningrader Konservatorium, wird wegen "Mittelkürzung" suspendiert. Erneute wirtschaftliche Notlage.
1949 Schostakowitsch wird zur "Friedenskonferenz internationaler Wissenschaftler und Künstler" nach New York entsandt, Ausweisung aus den USA
1950 Stalinpreise für die Filmmusik, Reise zum Kongress des "Weltfriedensrates" in Warschau, Begegnung mit Hanns Eisler in Ost-Berlin, Besuch der Feierlichkeiten zum 200. Todestag Bachs in Leipzig
1951 Deputierter des Obersten Sowjets der FSFSR
1952 Reisen nach Berlin, Leipzig und Dresden
1953 am 5. März Tod Stalins
1954 Begegnung mit Bertolt Brecht bei der Tagung des "Weltfriedensrates" in Berlin
1956 Ehrenmitglied des Accademia Santa Cecilia Rom, Heirat mit der Lehrerin Margarita Andrejewna Kainowa, die Ehe wurde 1959 geschieden
1958 Ehrenmitglied der Englischen Königlichen Musikakademie und Ehrendoktor der Universität Oxford, Internationaler Jean-Sibelius-Preis in Helsinki
1959 Diagnose einer unheilbaren chronischen Entzündung des Rückenmarks, die sich in Lähmungen der rechten Hand ankündigt
1960 zum ersten Sekretär des Komponistenverbandes der RSFSR gewählt
1961 Krankenhaus- und Sanatoriumsaufenthalte
1962 Deputierter des Obersten Sowjets der UdSSR, Heirat mit Irina Antonowna Supinskaja
1963 Ernennung zum Mitglied des Internationalen Musikrates der UNESCO
1965 Ehrenmitglied der Serbischen Akademie der Künste
1966 Herzinfarkt, in den Nationalitätensowjet der UdSSR gewählt, Begegnung mit Anna Achmatowa, Festveranstaltungen zum 60. Geburtstag in Moskau, Dresden und Sofia, Goldmedaille der Englischen Königlichen Philharmonischen Gesellschaft
1967 nach kompliziertem Beinbruch Krankenhausaufenthalt, Orden des Großen Silberzeichens der Republik Österreich
1968 korrespondierendes Mitglied der Bayerischen Akademie der Schönen Künste
1969 erneute Krankenhausaufenthalte, Reise nach Sibirien, Volkskünstler der Burjat-Mongolischen Autonomen Sowjetrepublik
1970 Mozart-Gedenkmedaille der Wiener Mozart-Gesellschaft, Krankenhausaufenthalt in Kurgan
1971 zweiter Herzinfarkt
1973 im Februar Aufenthalt in der DDR, Reisen nach Dänemark und in die USA, Ehrendoktor der Schönen Künste in Chicago, Dänischer Léonie-Sonning-Musikpreis
1974 als Deputierter des Obersten Nationalitätenrats der UdSSR gewählt
1975 Sanatoriumsaufenthalt, nach kurzer Rückkehr auf die Datscha Schukowka wieder ins Krankenhaus Kunzewo, Tod am 9. August, beigesetzt am 14. August auf dem Friedhof am Nowodewitschi-Kloster


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